- Das Land Berlin muss die Gesetzeslage überarbeiten.
- Hochschulen erhalten wieder mehr Autonomie in Personalentscheidungen.
- Langfristige Beschäftigungskonzepte sollen neu entwickelt werden.
Inhaltsverzeichnis:
- Verfassungsbeschwerde der Humboldt-Universität erfolgreich
- Widerstand aus Wissenschaft und Politik
- Schwarz-rote Koalition plant neue Lösungen
- Übergangsregelung bleibt bestehen
Verfassungsbeschwerde der Humboldt-Universität erfolgreich
Die Humboldt-Universität zu Berlin hatte beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen Paragraf 110 des Berliner Hochschulgesetzes eingelegt. Dieser Paragraph verpflichtete Hochschulen, promovierten Mitarbeitenden nach Ablauf eines befristeten Vertrags eine unbefristete Stelle anzubieten, sofern das Qualifikationsziel erreicht wurde.
Laut dem Gericht greife diese Regelung in das Grundrecht auf Freiheit von Wissenschaft und Forschung ein. Zudem habe Berlin keine Gesetzgebungskompetenz für diese Art von Regelung. Das Urteil erklärt die entsprechende Bestimmung für verfassungswidrig und damit für nichtig.
Bereits zuvor hatte das Land die Anwendung des Paragraphen ausgesetzt. Die Regelung war Teil einer Hochschulreform aus dem Jahr 2021, beschlossen von der damaligen rot-rot-grünen Landesregierung. Sabine Kunst, ehemalige Präsidentin der Humboldt-Universität, trat damals aus Protest zurück.
Widerstand aus Wissenschaft und Politik
Das Urteil wurde in der Hochschul- und Wissenschaftspolitik unterschiedlich aufgenommen. Die Bildungsgewerkschaft GEW äußerte Enttäuschung. Ihre Vorsitzende Martina Regulin forderte neue gesetzliche Grundlagen für wissenschaftliches Personal. Auch Felicia Kompio kritisierte das bestehende System befristeter Verträge.
Tobias Schulze von der Partei Die Linke sprach von einem „schweren Rückschlag“. Die Regelung sei ein wichtiges Instrument gegen die Praxis des ständigen Einstellens und Entlassens gewesen.
Dagegen begrüßte Martin Trefzer von der AfD das Urteil als „deutliche Klatsche“ für Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD). Er betonte die Notwendigkeit einer besseren Hochschulfinanzierung, um Karrieren in der Wissenschaft attraktiv zu gestalten.
Schwarz-rote Koalition plant neue Lösungen
Die derzeitige Berliner Koalition aus CDU und SPD hat bereits auf das Urteil reagiert. In einem neuen Gesetzesentwurf wurde die bisherige Entfristungsvorschrift gestrichen. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD, Maja Lasic, verteidigte dennoch das Ziel, dem akademischen Nachwuchs mehr Stabilität zu bieten.
Die Koalition plant nun alternative Beschäftigungsmodelle. Künftig sollen dauerhafte Stellen wie „Dozierende“ oder „Forschende“ geschaffen werden. Diese Positionen sollen helfen, langfristige Perspektiven zu eröffnen – jedoch ohne gesetzliche Verpflichtung zur Entfristung.
Übergangsregelung bleibt bestehen
Obwohl das Gesetz nun geändert wird, bleibt die Übergangsregelung weiterhin in Kraft. Seit 2022 wurde die Anwendung des alten Paragraphen immer wieder verschoben. Erst im Herbst soll das neue Gesetz dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beendet einen jahrelangen Streit über die Befristungspraxis an Hochschulen. Es betont den Vorrang der Wissenschaftsfreiheit und zwingt die Politik zu neuen Wegen bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Die Entscheidung betrifft nicht nur Berlin, sondern hat Signalwirkung für alle Bundesländer. Ob das neue Modell der dauerhaften Beschäftigungsprofile erfolgreich ist, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.
Quelle: RBB24, www.360edumobi.com/de